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Jörg Steinfeldt ist Jurist und »weder Mediziner noch Psychologe«, dafür aber um so mehr bekannt dafür, dass er »den Finger in die offene Wunde« legt und »über den Tellerrand hinaus« denkt. Fein! Nach diesem Freibrief grantelt er rund um ein Phänomen, das die Medien seit Jahren immer wieder beschäftigt: Burn-out.
Dieses unfassbare Nebelgeschehen verdient in der Tat eine differenzierte Betrachtung - als unerschöpfliches Ereignis in der Öffentlichkeit, bei dem es vor allem um die Überlastung Betroffener geht. Burn-out wird dort als Folge der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen mit den üblichen Klischees von immer mehr Tätigkeiten für immer weniger Arbeitende, die dafür auch noch immer schlechter bezahlt werden.
Doch wie ansteckend ist diese »Krankheit« wirklich ...?
Immerhin: Auch Schüler »burn-outen«, wo sie früher als überfordert und mit der Chance auf den zweiten Bildungsweg einfach sitzengeblieben sind. Oder Mütter, die früher den Halbtagsjob neben Haushalt und Kinder schafften, weil sie den Ausweg in die Burn-out-Ecke gar nicht erst erwogen haben. Den gibt es erst seit ein paar Jahren, seit Stars, Sternchen und sonstige Personen der Öffentlichkeit sich aus dem Leben verabschiedeten - oder genau das zumindest erwogen.
Jörg Steinfeldts Buch ist in der ersten Hälfte ein durchaus lesenswerter Rundumschlag, zwischendurch und auch danach schlägt er wüst um sich zu, wettert gegen »Prinzessinnen und Prinzen«, die außer über Computerspiele schlecht zu motivieren seien. Oder Mitarbeiter, die einfach nicht den Mund aufmachen, wenn der Vorgesetzte die Existenzangst-Karte zückt und ihnen weitere Aufträge aufdrängt. Am liebsten nach Feierabend oder am Wochenende. Das ist mir dann doch zu einfach.
Klar gibt es Phänomene wie das Betteln um ein Firmen-BlackBerry für die jederzeitige Erreichbarkeit, die dann prompt eingefordert wird. Oder die Jagd nach mehr Gehalt und Status. Wer immer weiter nach oben möchte, um die Nachbarn mit den neuesten Firmenwagen zu beeindrucken, trifft Entscheidungen, die er selbst verantworten und danach auch hinnehmen sollte, dass er dafür mit einer Lebensqualität zahlen könnte, die von seinen tatsächlichen Werten abweicht. Dafür »die Allgemeinheit« oder »das System« verantwortlich zu machen und dann die Burn-out-Kliniken zu bevölkern, ist kaum konsequent.
Leider gibt es sehr wohl diejenigen, die sich noch niemals wehren konnten, am Ende dauerhaft erschöpft sind und aus der Belastung heraus schwächende Bewertungen vornehmen, sei es am Arbeitsplatz oder bei dem Rest von Privatleben, das noch übrigbleibt. Vielleicht hätte man die körperlichen und psychischen Folgen früher als Depression oder in die Nähe posttraumatischer Belastungsstörungen gerückt.
Burn-out ist vielseitig und für manche inzwischen nahezu ein Nachweis für dauerhafte Leistungsbereitschaft über 100 Prozent. Für andere ist es ein Anlass zum vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben. Auch da gibt es wieder echt leidende Menschen und solche, die das Angebot »des Systems« gerne annehmen, weil sie es auch mit einem Bruchteil ihres Gehalts bequem in die Rente schaffen.
Ich rede jetzt fast schon so, wie Jörg Steinfeldt über die längste Strecke schreibt und benutze seine Argumente. Steinfeldt hat die Gelegenheit zu schimpfen erhalten und sie ordentlich genutzt. Er ist unbequem und pauschal, wenn er diese Fragen zu Burn-out zu beantworten versucht:
- Wie erklärt sich der Siegeszug dieses Phänomens in unserem Land?
- Gibt es Nutznießer, die ein Interesse daran haben, dass eine Nation ausbrennt?
- Was ist Burn-out tatsächlich?
- Warum sind so viele Menschen dafür empfänglich?
- Was kann jeder von uns und was können wir alle gemeinsam gegen diese »Volkskrankheit« tun?
Jörg Steinfeldt stellt sich dem Burn-out von der Seite, die eben nicht nur mit Anteilnahme, Fürsorge oder mit der Aussicht auf wirtschaftlichen Nutzen an das Thema herangeht. Das finde ich gut. Grundsätzlich sollte niemand zu einem Phänomen sofort ja sagen, bloß weil es bei den Massen (-medien) der Renner ist. Darüber nachzudenken bedeutet, auch das unbequeme Gegenteil zu erwägen. Dafür sind die Argumente in »Die Burn-out-Mode« allemal hilfreich.